Programm
25. November — Fortlaufend

Part II

Theater wird Zuhause


Press kit


Das Programm im Theater of Hopes and Expectation ist zu Ende. Das Gebäude im Volksgarten Düsseldorf wurde abgebaut. Aber unsere Arbeit geht weiter, denn wir sammeln Geld, um das Theater in einem Einfamilienhaus umzuwandeln:

Das Haus, in dem Lena, Inna, Milana, Vika und Maria (Familie Honchar) lebten, wurde am 11. März von einem russischen Panzer zerstört.

Zusammen mit der Volontärsgruppe Livyj Bereh, die uns im September in Düsseldorf besuchten, wollen wir ein neues Haus für die Familie Honchar bauen. Es wird zum Teil aus den Baumaterialien entstehen, die wir im letzten Sommer benutzten, um ein Theater in Düsseldorf zu errichten.

Das Bauholz sowie die OSB-Platten haben wir bereits nach Sloboda Kuharska (Region Kyiv), dem Heimatdorf der Familie Honchar, geliefert.

Die übrigen Materialien, die für den Umbau des Theaters in ein Wohnhaus benötigt werden, werden direkt in der Ukraine gekauft. Dafür benötigen wir noch 8.000 Euro.

Diese Summe würde die Gesamtkosten für alle Materialien, die Innenausstattung und die Arbeitskräfte abdecken. Dazu gehören eine wetterfeste Fassade, Wärmedämmung, Türen, Fenster, Wellblech für das Dach, Verlegung eines Elektroanschlusses usw.

Spenden Sie jetzt! Jeder Euro hilft!

Part I


30. Oktober 2022

Finissage

13 — 18 Uhr
23. — 27. Oktober 2022

Ausstellung:
„Our Apartments, Houses, Cottages, Garages, Offices and Backyards”

13 — 18 Uhr

In der vorletzte Ausstellung im Theater of Hopes and Expectations zeigt das Kollektiv Prykarpattian Theater die Ergebnisse ihrer Workshops, die sie zunächst in Kolomea, dann in Düsseldorf und zuletzt in Czernowitz, der ukrainischen Partnerstadt Düsseldorfs, organisierten: In allen drei Städten luden sie Menschen ein Modelle von Wohnungen, Häusern, Hütten, Garagen, Büros, Hinterhöfen und anderen Gebäuden und Orten zu bauen, zu denen sie eine reale oder imaginative Verbindung haben. In Kolomea nahmen vorwiegend Ukrainer*innen an dem Workshop teil, die vom stark umkämpften Osten der Ukraine in den Westen des Landes geflohen waren. Sie setzten sich vor allem mit dem Verlust ihres Zuhauses auseinander. In Düsseldorf öffnete sich das Konzept: Hier beschäftigten sich die Partizipierenden auch mit anderen Narrationen in Bezug auf Migration und Vertreibung, da auch Menschen aus Syrien und Georgien, aber auch Menschen ohne direkte Fluchterfahrung am Workshop teilnahmen. Dadurch verschob sich der Fokus auf individuelle Vorstellungen vom Heim als Schutzraum und Ort des Privatheit, die zum Teil der Imagination entsprangen. Der Workshop in Czernowitz wiederum sprach ein junges Publikum an. Die Schüler*innen, die Teil des Projektes wurden, konzentrierten sich dezidiert auf die Zukunft, nicht die Vergangenheit. Gleichzeitig rückten sie den Innenraum in  der Vordergrund – während die Teilnehmer*innen in Kolomea und Düsseldorf vorwiegend die Außenansichten ihrer Häuser darstellen.

Die Modelle aus dem Workshop in Kolomyia sind Teil des "Wartime Archive", einer Initiative der MOCA NGO.

Workshop-Teilnehmer*innen:

Kolomea:
Ania Sokolova, Anna Kuzmenko, Anton Hylko and Yevgen Kryshen, Dmytro Koronik, Kateryna Aliynyk, Maria Liukshyna, Marta Bazak, Oksana Yashchuk, Olga Malyshenko and Anton Vozniuk, Serhii and Kostiantyn Mykhailov, Svitlana Ulianova and Oleksandr Ulianov, Viktor Korchynskiy, Yurii Kruglov, Yulia, Yurii and Dominika Mykhailiuk.

Düsseldorf:
Alisa Kulesh, Alisa Shaposhnikova, Gudrun Lehmann, Lika Chkhutiashvili, Ruth Magers, Varvara Mozhaieva, Violetta Terlyha.

Czernowitz:
Arina Bardetska, Arina Hitchenko, Kseniia Domaleha, Mariia Shalimova, Oleksandra Holdina, Albert Vardevanian, Iryna Penteliuk, Irutsa Slepeniuk, Kateryna Khuda, Yana Baryska.

Fotos: Kurt Heuvens

Konzept
Unter der Beteiligung vieler soll im Laufe der Monate August, September und Oktober das „Theater of Hopes and Expectations“ (Theater der Hoffnungen und Erwartungen) im Volksgarten Düsseldorf entstehen: Eine temporäre Architektur, die bewusst in der Zeit ihres Aufbaus eröffnet wird, als Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, die ihre Häuser dort wiedererrichten, wo sie durch das russische Militär seit Beginn der Invasion zerstört wurden. In seiner Form verweist der Bau auf die neoklassische ‚sozialistische‘ oder ‚stalinistische‘ Architektur, die zur Zeit der Sowjetunion errichtet wurde und in einer zynischen Wendung der Geschichte zum Ziel von Angriffen der russischen Streitkräfte in unseren Tagen wird.

Das „Theater of Hopes and Expectations“ lädt die Bevölkerung dazu ein, Teil einer Bewegung des Wiederaufbaus zu werden, sei es durch die aktive oder ideelle Unterstützung des Projektes oder die Teilnahme am Programm. Während und nach der Fertigstellung des Theaters – das mit Gedanken rund um Fiktion und Realität, Inszenierung und Wahrheit, Hoffnung und Forderung, Intimität und Repräsentation, Glauben und Wissen spielt – finden unterschiedliche künstlerische Aktionen statt.

Das Projekt wird von Prykarpattian Theater gestaltet. Hinter dem Namen steht ein ukrainisches Künstler*innenkollektiv, dessen fünf Mitglieder einen gemeinsamen Bezug zu Kolomyja haben, einer Stadt in den Vorkarpaten der westukrainischen Region Iwano-Frankiwsk. Ihre gemeinsame Arbeit reflektiert die Spuren, welche die vier Besatzungen der Region im Laufe der Geschichte hinterlassen haben, und setzt diese in einen translokalen Dialog. Das Kollektiv gründete sich 2022, als die Invasion durch die russische Armee begann. Die Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern startete bereits ein halbes Jahr zuvor, im Zuge der Ausstellung „Independence Day Exhibition. Claudio, Edik, Serhii, etc“ in Lwiw.


Gedanken im Aufbau


Das künstlerisch-kuratorische Konzept des Projektes manifestiert sich in den drei im Titel verwendeten Begriffen: Theater, Hoffnungen und Erwartungen. Das „Theater” steht dabei für die Ebene der Kultur im Allgemeinen. Differenzierter betrachtet, ist das Theater aber auch ein Ort, an dem gesellschaftliche Themen eine dramaturgische Überarbeitung erfahren und somit einer sich der eigenen Form bewussten, künstlerischen Inszenierung unterliegen. Das Gebäude des Theaters verkörpert dieses Phänomen, nicht nur im Hinblick auf die hier aufgeführten Stücke. Vielmehr verändert das Theater als Institution die Grundvoraussetzungen unserer Kommunikation und unserer Handlungen im Raum. Wann immer wir eine kulturelle Institution betreten, passen wir unsere Rezeption dem Umfeld und durchaus auch unser Verhalten an die hier herrschenden Codes an. Die Codes generieren eine vermeintliche Sicherheit. Sie sind es, die beispielsweise die Darsteller*innen von Besucher*innen trennen und somit die Realität von Fiktion – normalerweise. Aber ist das Annehmen eines vorgefertigten Habitus’ nicht schon Teil einer Inszenierung, die über die auf der Bühne gezeigten Stücke hinausreicht? Nehmen wir an, wir entscheiden uns dafür, einer mehr oder weniger bewussten Lust an der Rebellion oder Provokation zu erliegen, uns gerade nicht anzupassen, herauszustechen und zu stören. Auch dann nehmen wir eine altbekannte Rolle an, die am Ende inhärenter sowie essenzieller Teil eines übergeordneten Systems ist. 

Gemäß dem Fall, wir bauen uns unser „Theater” selbst, was passiert dann hinsichtlich des institutionellen Charakters eines solchen Baus? Welche Punkte verschieben sich schlagartig im Hinblick auf Repräsentation und Inszenierung? Vor allem, wenn das Gebäude nicht nur näher an den öffentlichen Raum rückt, weil seine Fassade transparenter und durchlässiger ist und weil es sich nicht nur in einem Park befindet, sondern im Volksgarten, einer für alle frei zugänglichen Grünfläche, die man normalerweise dann besucht, wenn man nicht mehr und nicht weniger als Erholung will. Und was ist, wenn diese Institution nicht nur Institution nach dem altbekannten Theatermodell ist, sondern aus einem anderen Kontext kommt? Zum Beispiel aus dem Kriegskontext. Zum Beispiel aus der Ukraine. Aus einem Kontext, der keine parallele Realität darstellt, sondern mit unserem Alltag verwoben ist und uns darin verstrickt. Ändert das etwas an unserer Wahrnehmung von Realität? An dem Begreifen unserer eigenen, persönlichen Position?

Das „Theater of Hopes and Expectations” soll gleichzeitig ein Ort sein, in dem ein Perspektivwechsel immer wieder praktiziert werden kann und darf. Alles, was hier passiert, kann als ein performativer Akt gesehen werden, der gerade aufgrund seines fiktionalen Anteils die Wahrheit im Sinne von Wissensgenerierung und Aufklärung – aber auch des emotional konnotierte Verstehens jenseits kalter Fakten – zum Ziel hat. Hierin spiegelt das Projekt die Texte von Witold Gombrowicz wider. Der Roman „Pornographie” beginnt mit einer Gruppe von Freunden, die 1943 in Warschau in einem Café zusammensitzen und darüber nachdenken, was sie als Künstler, Intellektuelle, Autoren gegen den Krieg tun können. Daraufhin, eingeladen auf ein außerhalb der Stadt liegendes Landgut, entfaltet sich eine spannende Inszenierung der Landpartie, die auf viele unterschiedliche Weisen die Position der Künstler*innen innerhalb der Gesellschaft reflektiert, wobei es gar nicht mehr um das Kriegsgeschehen zu gehen scheint. Vielmehr ist diese ganze Erzählung eine komplexe, surrealistische Metapher. Das Landhaus und der Park ringsherum werden zu einer Bühne: „[…] gleichzeitig machte aber das Bewusstsein, dass dies nicht wahr ist, dass es sich mit der Wirklichkeit streitet, es zu einer Art Theaterdekoration […]  also wurden schließlich dies Haus, der Park, der Himmel und die Felder zugleich Theater und Wahrheit.“ Infolgedessen dient jede Handlung dem Zweck einer bestimmten Intention der Künstler, die hier Regie führen.

Der zweite und dritte Baustein des Titels „Theater of Hopes and Expectations“ addiert zwei weitere Begriffe. „Hoffnungen“ und „Erwartungen“ werden in den Kontext des Theaters gesetzt und verbinden sich mit den oben skizzierten Überlegungen. Beide Elemente können fast synonym verwendet werden können. In ihrem Kern sind sie Träger einer verwandten Bedeutung, die jedoch bei genauer Betrachtung einen wesentlichen Unterschied aufweist. Während „Hoffnung” mit einer religiös-spirituell anmutenden Ebene in Verbindung steht, die ein passives Abwarten impliziert, verortet sich der Begriff „Erwartung” in einer realpolitischen Sphäre. Erwartungen sind fordernd. Sie folgen bestimmten Plänen und Zielen. Sie sind konkret und heben das Moment der Freiwilligkeit auf. Und sie richten sich an ein Gegenüber, mit dem man in direkter Verbindung steht. Während sich Hoffnungen an eine höhere Macht zu richten scheinen, deren Entscheidungen auf einer den irdischen Dingen enthobenen Güte basieren. Ganz konkret referiert der Titel weniger auf dem Songtitel der Pop Band-Muse „Starlight”, sondern vielmehr auf den Aussagen, die während der Euromaidan-Proteste 2013/14 immer wieder in deutschen Medien zu lesen und zu hören waren: Die Ukrainer*innen sollten Hoffnung haben – in Bezug auf den Ausbau einer funktionierenden Demokratie und die Loslösung vom russischen Imperialismus – jedoch keine zu großen Erwartungen hegen – in die EU aufgenommen zu werden. Diese und ähnliche Aussagen, aus dezidiert westlicher Perspektive, gilt es fortan auch im Zuge des „Theater of Hopes and Expectations” zu reflektieren.

Das „Theater of Hopes and Expectations” sowie das Programm folgen der Logik der prozessbasierten (Re-)Konstruktion. Dieses Leitmotiv wird auch in der grafischen Gestaltung des Projektes sichtbar, die auf der von dem ukrainischen Schriftsteller und Futuristen Mychajlo Semenko (1982-1937) zwischen 1927 und 1930 herausgegebenen Zeitschrift „Nova Generatsija” (Neue Generation) zurückgreift. Das Magazin schloss sich der damals auch aktuellen Strömung des Modernismus an und brachte einen internationalen Austausch mit anderen Künstler*innen, Autor*innen und Architekt*innen in Gang. Ihre Mitglieder reisten auf Geheiß der Kommunistischen Partei häufig nach Europa, insbesondere nach Deutschland. Gleichzeitig war Semenko von der kommunistischen Idee überzeugt. Trotz seiner positiven Haltung gegenüber Moskau wurde er am 23. Oktober 1937 zum Tode verurteilt und am selben Tag exekutiert. Ziel des „Theater of Hopes and Expectations” ist es, die komplexe Geschichte der Ukraine, die sich auch in der Biografie Semenkos widerspiegelt, durch einen künstlerischen Bezug aufzuzeigen und mit der Gegenwart in Bezug zu setzen. Die in der grafischen Gestaltung verwendete Schriftart, gestaltet von Dmytro Rastvortsev (evtl. Lebensdaten einfügen), ist der DIIA-App, die staatlichen Dokumenten- und Identifizierungs-Applikation des ukrainischen Ministeriums für digitale Transformation entnommen. Sie bildet somit einen Bezugspunkt zur visuellen Gegenwart der Ukrainer*innen.
Credits

Kunstkommission Düsseldorf

präsentiert


ein Projekt von

Prykarpattian Theater



Theater of Hopes and Expectations




Künstler*innen

Ivan Bazak, Roman Khimei, Yarema Malashchuk, Tereza Yakovyna, Ostap Yashchuk


Kuratiert von

Ania Kołyszko, Nikita Sereda


Produktionsleitung

Roman Zheleznyak


Builders

Shalva Abashidze, Jamal Ashurov, Andrei Dureika, Mykola Linchuk


Kuratorische Assistenz

Anastasija Levchuk


Produktionsassistenz

Julia Dauksza


Grafische Gestaltung

Ostap Yashchuk


Technische Zeichnung

Olga Malyshenko


Architektonische Beratung

Kaspar Stöbe, Stöbe Architekten

 
Statiker

imagine structure GmbH


Lektorat

Ania Kołyszko, Anastasija Levchuk


Übersetzung

Daria Anosova


Theater of Hopes and Expectations wurde ermöglicht durch die großzügige Hilfe und Unterstützung von

Bauaufsichtsamt Düsseldorf, Gartenamt Düsseldorf, Schauspielhaus Düsseldorf, Wuppertaler Bühnen, Blumen Wichmann, Bulle Bäckerei, Lunatx Special Effects GmbH, Polnisches Institut Düsseldorf, Charim Galerie, #hotelfriends Düsseldorf Downtown


Ebenso herzlich möchten wir danken:

Agnieszka Skolimowska, Aleksander Gowin, Ansgar Prüwer, Atelier Planeta, Cennet Rüya Voß, Daniel Vaysberg, Dorothee Mosters, Fred Rabelo, Gabriel Sulkowski, Gil Bronner, Heike van den Valentyn, Jan Wagner, Jasmina Merz, Jonas Monka, Joshua Poschinski, Kurt Heuvens, Maksim Dutka, Mara Sporn, Marcelo Busse, Max Sänger, Minna Wündrich, Monika Kumiega, Natalia Liersam, Nicolas Grosch, Novruz Hikmet, Peter Cremer, Rita Kersting, Roman Zheleznyak, Simon Liersam, Stefan Preuß, Valera Brykalin, Yulia Krivic, Zuza Golinska



Information

Volksgarten
40227 Düsseldorf

Google Maps


Ein Projekt der

Mit freudlicher Unterstützung von



https://imagine-structure.de/